Psychologie des Überzeugens
nach Robert Cialidini
Im Duden steht die folgende Erklärung für „Überzeugen“:
jemanden durch entsprechende Beweismittel zu Anerkennung einer Tatsache oder Meinung bringen. Robert Cialdini schreibt in seinem Buch „Die Psychologie des Überzeugens“ darüber, welche psychologischen „Beweismittel“ wir zulassen und wie wir uns vor Menschen schützen können, die diese Beweismittel zu unserem Nachteil nutzen möchten.
Meine Gedanken ersetzen nicht das Lesen des Buches. Im Gegenteil. Ich empfehle Ihnen das Buch, da es doch – auch nach so vielen Jahren der Erstausgabe – immer noch viele Möglichkeiten zeigt, sich selbst zu beobachten, zu analysieren, seine Trigger zu erkennen und damit mehr Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung zu haben.
Gerne zähle ich auf, welche psychologischen „Beweismittel“ Cialdini in seinem Buch detailliert mit vielen Beispielen erläutert.
Sympathie
Wenn die Kompetenz zweier Verkäufer ähnlich ist und beide die gleichen Produkte zu gleichen Preisen anbieten, sind wir eher dazu geneigt, beim sympathischeren der beiden Verkäufer zu kaufen. Die Sympathie ist eine besondere Anziehungskraft, die direkt auf unseren Wunsch, jemandem zu vertrauen einwirkt.
In einigen Kulturen ist es sogar allgemein bekannt, dass intensiv nach Sympathien entschieden wird. In Indien zum Beispiel werden Geschäfte mit Freunden gemacht.
Was könnten die Ursachen dafür sein, dass ich jemanden sympathisch finde? Äußere Attraktivität, Ähnlichkeiten, Komplimente, Anzahl der Kontakte?
Wir sollten vor einer Entscheidung prüfen, ob uns die Sympathie zu einem Menschen zu einer Entscheidung führt, die sich negativ auf uns auswirkt.
Soziale Bewährtheit
Schon als Kind orientieren wir uns an dem Verhalten unserer Umgebung. Als Erwachsener ist das oftmals nicht anders. Wir orientieren uns an dem Verhalten anderer und entscheiden für uns, dass dieses Verhalten wohl in Ordnung sei, wenn es nur genügend andere machen. (Wenn alle das machen, dann mach ich das auch. Wenn keiner was macht, dann mach ich auch nichts.)
Das eigene Denken und der eigene Analyseprozess werden getilgt, um eine schnelle Entscheidung zu finden. Manchmal ist das hilfreich, gerade in einer Anfangsphase oder sogar in einer lebensbedrohenden Situation. Doch wie oft kommt es vor, dass wir das eigene Verhalten gar nicht weiter hinterfragen und machen, was andere machen?
Wir sollten also immer mal wieder prüfen, ob die Informationen, auf denen unsere Entscheidungen beruhen, fehlerhaft oder korrekt sind. Wir sollten prüfen, ob wir die gleiche Entscheidung auch unabhängig des Verhaltens anderer Menschen treffen würden.
Reziprozität
Die Reziprozitätsregel lässt sich kurz mit dem Geben-und-Nehmen-Prinzip erklären. Wenn uns jemand einen Gefallen erweist, dann möchten wir uns revanchieren. Nach dem Erhalt von Gegenständen oder Dienstleistungen fühlen wir uns zur Gegenleistung verpflichtet. Das Gefühl, jemandem verpflichtet zu sein, ist weit verbreitet – in einigen Kulturen sehr stark und in anderen in abgeschwächter Form.
Wie könnte nun diese Reziprozitätsregel auf unsere Psyche wirken?
Cialdini bietet zwei Möglichkeiten:
1. Nach erfolgtem Zugeständnis übt sie Druck aus, sich zu revanchieren. (Ich gebe Dir etwas kostenlos, jetzt musst Du etwas bei mir kaufen.)
2. Wenn bei einer missglückten Einigung die eine Partei ein Zugeständnis macht, fühlt sich die andere Partei fast schon verpflichtet, dieses neue Angebot anzunehmen. (Den ersten Preis wolltest Du nicht akzeptieren, jetzt bin ich für Dich im Preis runter gegangen, jetzt musst Du mir auch entgegenkommen.)
Sinnvoll ist es, bei jedem Angebot, welches uns unterbreitet wird, zu prüfen, ob es ernst und ehrlich gemeint ist. Dann können wir es – nach inhaltlicher Prüfung – mit gutem Gewissen annehmen. Sollte nach Prüfung herauskommen, dass es nur den Reziprozitätsregel und dem Anbieter nutzen soll, so machen Sie sich dessen bewusst.
Autorität
Obwohl wir in einer relativ freien und freidenkenden Gesellschaft leben, nehmen autoritäre Menschen und Institutionen intensiv Einfluss auf unser tägliches Leben. Noch immer. Wir sind eher geneigt, autoritären Experten des Fachs zu glauben. Also bei einer Vertragsunterzeichnung glauben wir eher demjenigen mit Anzug und Krawatte, als dem anderen in Casual Look.
Machen wir uns selbst weniger Gedanken, wenn wir vermuten, dass der andere sowieso weiß, wovon er redet? Lassen wir uns von Autoritätssymbolen, wie Titel, Kleidung, Luxus mehr leiten als uns lieb ist?
Wir sollten uns also zumindest dieser Symbole bewusst werden und uns zusätzlich Klarheit über die dahintersteckende Wirkung auf uns verschaffen, bevor wir eine Entscheidung treffen.
Knappheit
Oftmals ist in unseren Köpfen Mangelware gleichzeitig Qualitätsware. Wenn es von etwas nur wenig gibt, müssen andere es schon zu Hauf gekauft haben – dann ist es also gut und ich sollte es auch haben. Nach Cialdini erscheinen uns Möglichkeiten umso wertvoller, je weniger erreichbar sie sind.
Knappheit kann sich auf die Anzahl der Produkte bzw. Ressourcen oder auch auf ein knappes Zeitfenster beziehen. Das Knappheitsprinzip scheint ein sehr weitverbreitetes und erfolgreiches, psychologisches „Beweismittel“ zu sein, um uns zu überzeugen.
Bevor wir eine Entscheidung treffen, sollten wir also zumindest mal prüfen, ob wir genau dieses Produkt oder jene Dienstleistung sogar dann möchten, wenn es genügend oder im Überfluss vorhanden ist.
Konsistenz
Hier möchte ich gleich mal einen Satz von Cialdini zitieren: „Hinter den dicken Festungsmauern sturer Konsistenz halten wir der Belagerung durch die Vernunft unverrückbar stand.“
Manchmal machen wir Dinge, weil wir die schon immer so gemacht hat. Eine regelmäßige Analyse zur Nachjustierung passiert selten. Es kommt vor, dass wir diese gedankliche Analyse auslassen, weil wir befürchten, aufgrund der Resultate einen Extra-Aufwand betreiben zu müssen, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen.
Sozialpsychologen haben herausgefunden, dass es etwas mit der inneren Festlegung, dem Commitment, zu tun hat. Wenn wir uns einmal festgelegt haben, sind wir gewillt vieles dafür zu tun, um unsere eigene Festlegung zu unterstützen, zu halten, zu rechtfertigen, konsistent zu bleiben.
In solchen Entscheidungs-Momenten ist es also immer besonders wichtig, zu prüfen, ob die Entscheidung aus reiner Konsistenz getroffen wird, oder ob vernünftige Argumente und persönliche Ziele ebenfalls für diese Entscheidung sprechen.
Zusammenfassung
Es gibt also viele psychologische Mittel und Wege, um andere Menschen zu überzeugen. Bei Wirkung auf uns sollten wir prüfen, ob wir frei entscheiden oder ob uns jemand mit psychologischen Mitteln zu unserem Nachteil beeinflussen möchte. Bei Anwendung müssen wir darauf achten, dass wir den Menschen im Fokus haben. Tun wir den anderen einen Gefallen oder nur uns? Wir achten auf unsere Wege, die wir gehen, um vor Allem echtes und ehrliches Vertrauen aufzubauen.
Die meisten dieser Gedanken gehören Robert Cialdini. Einige sind von mir. Ich empfehle Ihnen, das Buch selbst zu lesen.
Zum Thema Verhandlung und Überzeugen habe ich eigene Trainingskonzepte erstellt – gerne können wir hierzu ins Gespräch kommen. Beeilung – die Termine sind knapp. 😉
Quelle:
„Die Psychologie des Überzeugens“, Robert Cialdini